Öffentlicher Raum wird in Deutschland immer stärker von Werbung eingenommen.Während in kommerzieller Werbung hauptsächlich modisch gekleidete weiße Menschen in „zivilisiertem“ Umfeld dargestellt werden, sieht man auf Plakaten von „Hilfsorganisationen“ meist Schwarze Menschen in ärmlichen, ländlichen Bedingungen. Die Schwarz-Weißen Darstellungen werden durch ständige Anwesenheit und Wiederholung unhinterfragt zur Realität der BetrachterInnen.
Die Repräsentationen Schwarzer und weißer Menschen werden in der Regel nicht von den Organisationen erfunden, sondern sind Resultate einer Geschichte von Stereotypisierungen und müssen deswegen auch im Lichte dieser Geschichte betrachtet werden. Trotzdem tragen die Organisationen Verantwortung für die Reproduktion der Bilder.
Angeregt durch WissenschaftlerInnen der Postkolonialen Theorie und der Kritischen Weißseinsforschung setzen wir uns mit der Konstruktion der Bilder auseinander.
Die Postkoloniale Theorie zerlegt die Baugerüste gesellschaftlicher Machtstrukturen und analysiert Brüche und Kontinuitäten kolonialer Denkmuster. Beispielsweise ist die Einteilung von Ländern in „entwickelt“ und „unterentwickelt“ zurückzuführen auf ein dominantes Modell von Modernisierung, indem der Maßstab der weißen westlichen Länder als universell gültig angesehen wird.
Die Postkoloniale Theorie richtet den Fokus auf Machtstrukturen, die sonst unsichtbar sind und hilft, Kontinuitäten in Konzepten zu erkennen. Begrifflichkeiten werden ausgetauscht, die dahinter stehende Konzepte oft nur abgewandelt: aus „zivilisieren“ wird so z.B. „entwickeln“. Beim Begriff „unterentwickelt“ schwingen Botschaften wie Unfähigkeit, Passivität, Armut, Ursprünglichkeit und Chaos mit, ähnlich wie bei der Bezeichnung „unzivilisiert“.
Dieses Analysewerkzeug macht es uns möglich, die Plakate der Hilfsorganisationen in einem gesellschaftlichen Rahmen zu sehen und die Konnotationen herauszuarbeiten.
Die Kritische Weißseinsforschung überzeugte uns davon, nicht bei der Analyse der Darstellung der Anderen stehenzubleiben, sondern den Blick auf das Eigene, in unserem Falle Weißsein, zurückzulenken.
Die Darstellungen auf den Plakaten sind Produkte der Kultur der weißen deutschen Mehrheitsgesellschaft, der wir als Autor_innen selbst angehören: Wir definieren die Anderen. Um die Problematik der Bilder zu begreifen, muss man unserer Ansicht nach die Grundsteine dieser Gesellschaft betrachten.
Als Grundsteine betrachten wir in Anlehnung an die Kritische Weißseinsforschung eine Geschichte, die neben Aufklärung und Demokratie auch auf Herrenmenschentum, Sklaverei, Kolonialismus und Rassismus aufbaut.
Anknüpfend an beide Theorien sehen wir Rassismus als ein Mainstream-Phänomen der weißen deutschen Gesellschaft an, von dem gewalttätiger Rechtsextremismus nur die Spitze des Eisberges ist. Aus diesem Grunde setzten wir uns mit etablierten weißen deutschen Organisationen auseinander, die ein Quasi-Monopol auf die Darstellung Schwarzer Menschen im öffentlichen Raum haben.